E-Commerce Krise?
Die Frage, ob wir auf eine E-Commerce Krise zu steuern oder, ob wir schon mittendrin stecken, lässt sich auf den ersten Blick nicht so leicht beantworten. Schaut man auf das YoY E-Com Growth, also den Jahresvergleich des E-Commerce Wachstums in Deutschland, sieht man einen deutlichen Rückgang des Wachstums bzw. sogar einen Abschwung. In den letzten beiden Quartalen (Q4/21 & Q1/22) gab es ein aufeinanderfolgendes negatives Wachstum von -3% und -15%. Das heißt der Rückgang ist sogar zuletzt nochmal angestiegen. Schaut man sich das massive Wachstum vom Vorjahr an – 76% im ersten Quartal 2021, wirkt es erst mal auf jeden Fall so, als würden wir direkt auf eine E-Commerce Krise zu steuern.
Die nicht ganz so zufriedenstellende Antwort, ob wir auf eine E-Commerce Krise zu steuern ist: Ja und Nein. Nein, es ist keine richtige Krise, aber Ja es gibt einige große Herausforderungen zu bewältigen. Anhand der folgenden drei Punkte erfährst du, was das bedeutet:
1. Trennung E-Commerce & Commerce
Wenn wir von einer Krise sprechen, dann von einer Commerce Krise. Online- und Offlinehandel lassen sich nicht einfach trennen. Die aktuell größten Herausforderungen für den E-Commerce sind nicht E-Commerce spezifisch, sondern betreffen den gesamten Commerce: Der Krieg in der Ukraine, Lieferkette, Zinsanstieg, steigende Logistik- & Energiekosten. Im Vergleich dazu erscheinen die E-Commerce spezifischen Herausforderungen klein: Steigender Online-Wettbewerb und damit CAC, Datenschutzregulierungen und Fachkräftemangel.
Der E-Commerce ist von den allgemeinen Herausforderungen im Handel und der Entwicklung des Handels natürlich betroffen, da man wie gesagt Online- und Offline nicht einfach trennen kann. Ob der Handel insgesamt auf eine Krise, also eine Rezession zusteuert, kann man noch nicht sagen.
Der Consumer Confidence Index, also das Verbrauchervertrauen in den Markt sinkt zwar seit Anfang des Jahres, aber die Ereignisse und Entwicklungen der nächsten Wochen und Monate bleiben abzuwarten, um eine definitive Aussage treffen zu können. (Quelle: ceicdata)
Unabhängig davon, wie sich die Lage entwickelt, die genannten Herausforderungen sind da. Wer es schafft diese zu bewältigen, wird als Gewinner hervorgehen. Sprich, im Markt bleiben und mehr Anteile für sich erschließen können. Mehr dazu im letzten Punkt "Herausforderungen & Lösungen".
2. Zeithorizont
Schaut man auf die obere Statistik von Salesforce, so sieht man derzeit einen Rückgang von 15% für Q2/22 im Vergleich zum Vorjahres-Quartal. Betrachtet man den E-Commerce allerdings mit einem Zeithorizont von 3, 5 oder 10 Jahren, so kann man ein riesiges Wachstum sehen. Der B2C E-Commerce Nettoumsatz hat sich in den letzten 10 Jahren ungefähr vervierfacht und in den letzten 5 Jahren mehr als verdoppelt (Quelle: Statista). Und die Zukunfts-Prognosen für Deutschland sehen einen ähnlich positiven Ausblick hervor. Bis 2025 wird ein jährliches Umsatzwachstum von 10% erwartet (Quelle: Statista). Abhängig vom Zeithorizont, den man zur Betrachtung wählt, sieht die Entwicklung des E-Commerce also positiver oder negativer aus.
3. Corona Boom Ausgleich
Der durch Corona bedingte E-Commerce Boom darf in dieser Betrachtung auf keinen Fall vernachlässigt werden. Vor allem in dem gewählten Zeithorizont (Quartalsbetrachtung von Jahr zu Jahr) wirkt das erste Quartal 2021 natürlich besonders stark, weil es noch den Lockdown und die damit verbundenen vielen Online Verkäufe einbezieht. Seit einiger Zeit geht es langsam aber sicher zurück zur Normalität und auch Offline wird wieder mehr gekauft. Das sorgt natürlich dafür, dass Online dementsprechend weniger verkauft wird. Daher kann man den Rückgang mehr als eine Korrektur des Markts bewerten, als eine E-Commerce Krise.
Corona hat ein extremes E-Commerce Wachstum entfacht, was man sonst nur über viele Jahre hinweg sieht. Das so viele Marken und Unternehmen diesem starken Wachstum standhalten und für sich nutzen konnten, ist auf jeden Fall Proof of Concept für das E-Commerce-Geschäftsmodell. Sowohl für Online Pure Player, als auch für stationäre Händler, die Online als neuen Kanal nutzen.
Man kann also sagen, dass vorerst eher ein Kriseneindruck, statt einer wirklichen Krise vorliegt. Was man aber nicht von der Hand weisen kann, ist, dass es derzeit viele Herausforderungen im E-Commerce und Commerce Markt gibt. Diese gilt es zu bewältigen, sonst läuft man Gefahr aus dem Markt auszuscheiden, weil das starke Wachstum einen nicht mehr auffängt.
Herausforderungen & Lösungen
Es gibt aktuell viele Herausforderungen, aber Herausforderungen sind auch immer Chancen. Im aktuellen Markt hat man definitiv die Chance Marktanteile zu gewinnen, weil schwache Player ausscheiden werden. Schwache Player sind vor allem jene, die es nicht schaffen, agil auf die neuen Marktbedingungen zu reagieren und „den Sprung verpassen“.
Im folgenden benennen wir daher nochmal die aktuellen Herausforderungen und geben dir unsere Lösungsempfehlungen mit, damit du als Gewinner aus dem aktuellen Markt hervorgehst.
Herausforderungen des gesamten Commerce: Der Krieg in der Ukraine, Lieferkette, Zinsanstieg, steigende Logistik- & Energiekosten. Das sorgt insgesamt für steigende Kosten auf Unternehmensseite und verhaltenen Konsum auf Konsumentenseite. Dazu kommen noch E-Commerce spezifische Probleme wie steigende online CAC und Datenschutzregulierungen.
Um diese Herausforderungen zu bewältigen und als Gewinner aus dem aktuellen Markt zu gehen, lege deinen Fokus auf die folgenden 7 Lösungsansätze:
1. Strategisches Pricing
Kosten steigen an vielen Ecken und diese müssen ausgeglichen werden, damit das Balance Sheet positiv bleibt. Hierbei müssen Unit Economics und die Preiselastizität der einzelnen Produkte in den Fokus rücken – sprich welche Produkte haben gute Margen und welche Produkte würden Kunden trotz Preisanstieg weiterhin stark kaufen. Statt steigende Kosten direkt an Kunden weiterzugeben, kann man auch den AOV mit durchdachten Angeboten steigern. Zum Beispiel durch Bundling, Up- & Cross-Selling, Mengenrabatte und kostenlosem Versand ab einem höheren Bestellwert.
2. Performance Marketing
Performance Marketing bleibt weiterhin ein wichtiger Online-Kanal. Trotz steigender CAC (Customer Acquisition Costs) bleiben die Paid Advertising Kanäle von Meta und Google effektive und vor allem skalierbare Awareness- und Conversion-Kanäle. Während Meta und Google weiterhin wichtig bleiben, wird TikTok in den kommenden Jahren zunehmend wichtiger und hat ein riesiges Potenzial für deine Paid Performance. Also falls du noch keine Werbung auf TikTok schaltest, empfehlen wir dir das zeitnah in Angriff zu nehmen!
3. Customer Retention
Zu einem smarten Marketing Mix gehört Customer Retention. Wenn man ausschließlich Geld und Resourcen in die Kundenakquise steckt, wird es schwer langfristig profitabel zu sein – das hat in den letzten Jahren des Booms zwar teilweise gut geklappt, aber im aktuellen Markt wird das nicht mehr möglich sein. Das heißt, mehr Fokus auf CRM (Customer Relationship Management). Setze auf Maßnahmen, die Kunden entlang der Customer Journey binden. Und noch mehr als bisher, schaue, wie du Bestandskunden zu erneuten Käufen bewegen kannst, um sehr profitable Verkäufe zu generieren. Nutze dazu nicht nur Email Marketing, sondern alle Kanäle, die du zur Kommunikation mit Bestandskunden zur Verfügung hast.
4. Content
Setze auf guten Content! Content wird immer wichtiger, egal, ob in Paid Social Ads ausgespielt oder im Rahmen einer soliden SEO-Strategie. Gute Inhalte sorgen seit Jahren für geringe Marketingkosten und helfen höhere Preise durchzusetzen.
Evergreen Tipp: Nutze User Generated Content (UGC). Gerade im Performance Marketing ist UGC hochperformant. Er ist authentisch, sorgt für Social Proof und fügt sich nativ auf die Paid Social Plattformen ein. Zudem ist UGC kostengünstig und man kann somit ein hohes Volumen an unterschiedlichen Creatives testen, was inzwischen mit der größte Hebel im Performance Marketing ist. Außerdem kannst du UGC sehr gut als Testimonial für Social Proof auf deiner Webseite nutzen.
5. Kommunikation
Kommuniziere transparent und ehrlich eure Lage. Falls es schwer ist oder wird, sagt das euren Bestandskund:innen und sie werden euch aus Solidarität unterstützen. Verkauft über Emotionen, aber bleibt dabei authentisch und ehrlich!
6. Langfristige Kostenblöcke
Baue keine neuen langfristigen Kostenblöcke auf. Du brauchst jetzt nicht voreilig aus Panik überall Kosten minimieren und alles streichen, weil du sonst einige gestrichene Kapazitäten mittelfristig vermissen könntest. Aber überlege dir gut, welche langfristigen Investitionen du eingehen willst und auf welche du vorerst verzichten kannst. Sprich, baue keine neuen langfristigen Kostenblöcke auf!
7. Expertise
Investiere in People mit Expertise. Für Wachstum und gutes Marketing braucht es kompetente Leute und Qualität kostet Geld. Wer gut im Marketing sein will, muss in People investieren! Ob die Expertise inhouse oder extern eingeholt wird, ist dabei zweitrangig.
Wir beraten unsere Kunden mit einem holistischen Ansatz. Das heißt wir schauen nicht nur auf die Performance einzelner Kanäle, sondern auf das Gesamtbild und beraten & handeln dementsprechend. Wenn du Interesse an einem unverbindlichen Potenzialgespräch mit uns hast, melde dich über den Button oben rechts bei uns "Get in touch"!